01.03.1997
Es ist eine weithin bekannte Tatsache, daß manche Schwangere relativ empfindlich auf
Gerüche reagiert. In meiner ersten Schwangerschaft, bereiteten mir süße Gerüche Übelkeit,
diesmal ist es Knoblauch. Vor 2 Wochen saß ich morgens im Büro. Einige Kolleginnen waren schon da,
andere noch schwer im Kommen... Ich packte gerade irgendwelche Mappen auf den Tisch, als
ich einen sehr intensiven Knoblauchgeruch wahrnahm und dann mit leisem Entsetzen feststellen
mußte, daß der "Übelriecher" noch gar nicht im Büro war, sondern auf dem Gang und damit
beschäftigt, ihren Mantel in den Kleiderschrank zu hängen. Dann kam sie mit einem fröhlichen
"Guten Morgen" ins Büro, welches ich nur noch fluchtartig in Richtung Toilette verlassen konnte.
Danach nahm ich mich ganz gewaltig zusammen, beschloß, mich nicht so anzustellen und kehrte
wieder ins Büro zurück. Ich lächelte besagte Kollegin freundlich an, sagte "wurgs" und jagte zur nächsten
Tür wieder hinaus. Nun, die Kollegin nahm mein Verhalten leider etwas persönlich und ließ sich nur
schwer von den anderen Kollegen davon überzeugen, daß sie wirklich sehr intensiv nach Knoblauch
roch. Ich nahm den Rest des Tages frei und Knoblauch war fortan das Tabuthema im Büro...
Vorgestern waren die Überreste eines prachtvollen Buffets in der Kantine aufgebaut und man
durfte sich gratis über die wirklich köstlichen Überreste hermachen. Zwar war es noch früh am Morgen,
aber die Kolleginnen griffen begeistert zu und schaufelten eingelegte Paprika, Schafskäse und
Zucchini auf ihre Teller. Dann warfen sie mir einen ängstlichen Blick zu, aber ich beschloss einfach
auch den Knoblauchkram zu essen, dann würde ich von ihrem Duft ja gar nichts mitbekommen.
Gut geplant, aber...
Schwangere haben auch noch einen empfindlichen Magen und die Paprika verfolgte mich bis in
die Nacht. Beim Einschlafen hoffte ich, wieder schmerzfrei zu erwachen, aber morgens kurz vor
sechs Uhr erwachte ich mit einem einzigen Verlangen, das mich wieder in die Toilette jagte,
wo ich selbst für den frühen Morgen ungewohnt unschöne Töne von mir gab.
Obwohl, die Zeit der Morgenübelkeit ist noch nicht so lange her...
Der beste aller Göttergatten wandelte schlaftrunken in die Küche, bereitete mir einen Tee und
plumpste unverzüglich wieder ins Bett. Ich schlürfte meinen Tee, und beschloß mir noch 5 Minuten
im Bett zu gönnen, bevor ich dann zur Arbeit ginge. Nun ja, das war nichts - ich schlief wieder tief und
fest ein und als ich gegen acht Uhr wieder erwachte, wiederholte sich das Morgenritual, einschließlich
der Teezeremonie...
Kleinlaut rief ich die Kollegin an und berichtete ihr von meinem arbeitsunfähigen Zustand,
den sie mir aber nicht weiter übel nahm, obwohl sie mich gerade an dem Tag gut hätte brauchen können.
Tief in meinem Inneren war ich davon überzeugt, "blauzumachen" und hatte ein schlechtes Gewissen,
bis ich ein drittes Mal ins Bad jagen und danach um Tee bitten mußte...
Den Rest des Tages blieb ich im Bett. Treu von meinem Töchterlein umsorgt, die ihren Arztkoffer
holte und mit einem eiskalten Plastikstetoskop meinen prallen Bauch untersuchte.
Ach ja, und ein Journalist rief an - ha, jetzt strunze ich auch einmal... ein waschechter Journalist,
der dieses "Neue von der Hausfrau" für Literatur hält und mit der Idee spielt hier eines Tages
mit einem Kamerateam vor der Tür zu stehen. Ich habe spontan abgelehnt, aber der beste aller
Ehemänner findet so etwas wahnsinnig interessant... Nun, ich stelle mir so etwas eher wahnsinnig
peinlich vor, aber ok - ich werde ihm diese "eheerhaltende Maßnahme" irgendwann ganz dreist unter
die Nase reiben, wenn ich mich für etwas begeistere, was ihn nicht so überzeugt...
Ach, besagter Journalist machte natürlich einen halben Rückzieher - klar, Literatur sei es schon,
aber er wüßte nicht, was dieser Marcel Alt-Unsymphatisch dazu sagen würde.
Solange Marcel nichts über mein Geschreibsel sagt, äußere ich mich nicht über seinen Sex-Appeal, ok?!
Heute habe ich das Bett wieder verlassen - die Sonne lachte einfach zu unverschämt durch die
ungeputzten Fenster hinein und mir ging es auch wieder gut, solange ich nicht zu ernsthaft über
Nahrung und deren Zubereitung nachdachte. Ein Blick auf den Kalender - März - ein neuer Monat -
noch 25 Tage und ich bin wieder eine Vollzeitmutter und -schwangere... Eigentlich schade,
endlich bin ich wieder so weit drin in den Abläufen der Abteilung, daß ich morgens die Abteilung
betrete und genau weiß, was ich den ganzen Tag tue. Nicht mehr dieses frustrierende Fragen,
ob noch jemand irgendwelche niederen Tätigkeiten deligieren möchte... Im Gegenteil, langsam
vertraut man mir auch mehr an, als das Nachfüllen diverser Bürogeräte mit Papier, Toner, Heftnadeln
und Kaffeepulver... :-)
Na, dieser Anflug von Karrierelust vergeht wieder - der heutige Tag machte mir Lust auf meinen
Garten und ich habe schon mal die Wicken ausgesät. Saatzeit März bis April in 0,5 - 1 cm Bodentiefe...
Oh, ich freu mich auf den Sommer mit dem Baby und der "Restfamilie". Obwohl ich schon ein Kind habe,
laufen vor meinem inneren Auge doch schon wieder diese idyllischen Bilder mit Weichzeichner ab.
Der Kinderwagen unter dem Apfelbaum, Michaela im Sandkasten und Felix, wie er mir gerade
einen köstlichen Fencheltee bringt und noch ein Kissen in den Rücken stopft...
Ach, es gibt diese Momente durchaus -
heute waren wir zum Beispiel - großes Abenteuer - im Wildpark von Dünnwald - und hatten ein
durchweg fröhliches Kind, daß begeistert Verstecken spielte und sich sogar ausreden ließ,
in den Bach zu hüpfen!
Ach ja, *räusper* sie hatte übrigens keine Windel an und die mitgeschleppten Ersatzklamotten
brauchten wir auch nicht...