19.12.98
Eben fand ich auf Brigittes Homepage folgende weise Worte:
Chancen präsentieren sich uns mit Vorliebe in der Maske von
Unannehmlichkeiten.
Das könnte man wohl genau so unterschreiben - stimmt, Treffer, genau...
Der Morgen begann recht früh mit einem kotzenden Oliver - Morgengrauen im
allerwahrsten Sinne des Wortes. Jedenfalls war ich dran mit dem früher aufstehen,
denn der beste aller Göttergatten und ich wechseln uns mit dem Ausschlafen ab.
7.54 Uhr und ich tapste mit dem Schmuddelkind ins Bad, verbannte alle Gedanken an
mein kuschlig warmes Bett, sondern aktivierte die fürsorgliche Mutter in mir.
Frisch gewaschen, sah Oliver schon wieder deutlich besser aus und ich unterdrückte
auch den Gedanken, einen großen Müllbeutel zurechtzuschneiden und über seine Kleidung
zu stülpen, um am Abend nicht vor einem riesigen, säuerlich duftenden Wäscheberg zu
stehen.
Ich hatte kalte Füsse und ein Blick in die trübe, nasse Siedlung weckte den Wunsch,
Single zu sein, wieder ins Bett zu hüpfen und dort zu bleiben. Eventuell den Fernseher
anknipsen und Soaps gucken, dabei den schwarzen Pulli zuende stricken.
Prompt kam Michaela barfuss angeschlichen, ein zauberhaftes Grinsen im Gesicht und
die Frage nach den Adventspäckchen auf den Lippen. Ich half ihr erst noch beim Anziehen,
was mit dem Gips nicht so einfach ist. Heute läuft sie herum wie ein "Prospektkind".
Eine Nikilatzhose in blau mit aufgestickten, silbernen Sternen und dazu einen noch
weissen Pulli. Arabella Weir schreibt es so richtig in ihrem Buch Ist mein Hintern
wirlich so dick?, daß Gap Kinderkleidung macht, die einen reizt, auf der Strasse
den erstbesten Mann zu zwingen, einen zu schwängern, nur um sie kaufen zu können...
Das Buch kann ich nur empfehlen - stellenweise etwas flach, aber gelegentlich so gut,
daß es diese Passagen ausgleicht!
Ich fragte Michaela, ob sie ein wenig mit ihrem Bruder spielen würde, damit ich erst
einmal einen Kaffee kochen könnte und lieb, wie sie ist, stimmte sie zu. Mit ihrem
Bruder spielen, bedeutet nichts anderes, als der Verwüstung ihres Zimmers zuzusehen...
Naja, nicht ganz - irgendwie spielen sie tatsächlich.
Als das Wasser durch den Filter gluckerte, war ich mit der Welt fast versöhnt - als
ich den Kaffee dann in der Tasse hatte, perfekt mit Milch und Zucker gemischt,
glühte der "und morgen schlafe ich aus" Gedanke in mir.
Mit der Tasse in der Hand ging es zurück zum Kinderzimmer, wo Oliver auf der Rutsche
herumkletterte und Michaela malte. Ein Bild, das wohl jede Mutter lächeln lässt - auch
früh an einem Nieselmorgen. Am Kaffee nippen, Michaela entscheiden lassen, ob wir erst
zu dritt frühstücken und dann einkaufen, oder erst einkaufen und dann mit dem Papa
frühstücken. Belanglosigkeiten, klar, aber es macht Spass, sie zu teilen.
Mit dem Zeigefinger schob sie die Brille etwas höher, schenkte mir einen ein Eulenlächeln
und überlegte ernsthaft, in welcher Reihenfolge wir den Tag angingen. Der beste aller
Göttergatten mochte gerade wohlig schlafen, aber mittlerweile genoss ich den Morgen
doch mehr, als damit zu hadern.
Ja, selbst ein kotzender Oliver hat etwas für sich, denn ein halbkrankes, müdes Bündel
im Arm, war hinreichende Entschuldigung für einen konsequent ignorierten Wäscheberg
und ausgedehnte Schmusestündchen...