18.12.98
Eine echte Hardcore-Hausfrau liebt die Herausforderung - und findet sie sie noch im
einfachen Weihnachtsstress mit 2 Tagen, in denen die Verwandschaft und Freunde in
hungrigen Scharen das Haus stürmen? Nein, natürlich nicht.
Michaela hat es geahnt und dem ganzen spontan eine ganz neue Note gegeben...
Im Forum hatte ich erwähnt, daß die junge Dame von ihrem Klettergerüst geplumpst war und
einige, die es gelesen haben, waren so lieb, ihr Briefe und Postkarten zu schicken.
Darüber hat sie sich wirklich riesig gefreut!
Mittlerweile wissen wir auch, wie es passiert ist - sie wollte mit ihrer Puppe Mimi
zusammen hochklettern und dann auf die Matratze springen, aber Mimi ist abgerutscht
und hat Michaela mitgerissen. Sagt sie...
Felix war mit ihr in der Notaufnahme, wo er sich misstrauisch beäugt fühlte. Man hört
ja soviel, über misshandelte Kinder und unsere turnfreudige Tochter sammelt blaue
Flecken nur so. Vor der ersten Nachuntersuchung räumte ich abends noch auf. Ich pickte
all das vom Boden auf, was Oliver verstreut hatte und kam ausgerechnet unter einer
Kletterstange auf die Idee aufzustehen. Gründlich wie ich bin, schlug ich mir nicht nur
eine Beule auf den Kopf, sondern knallte auch noch mit dem Wangenknochen gegen die
Stange. Der Eisbeutel war seit Michaelas Armbruch noch in ihrem Zimmer und auf der
Suche nach geeigneten Kühlmitteln verlor ich wertvolle Zeit, in der sich ein prächtiger,
blauer Fleck entwickelte.
Der Arzt sah mich am nächsten Tag recht nachdenklich an und ich hatte auch das Gefühl,
daß er meine Kletterstangenerklärung eher lahm fand. Wir sollten wohl die nächsten
Wochen aufpassen, daß Oliver nicht auch irgendwie an einem unserer Turngeräte hängenbleibt,
denn noch so eine Kletterausrede verkraften die nicht...
Kinder sind absolut erstaunlich, denn obwohl Michaela erst Sonntag verunglückt war, fragte
sie Montag den Arzt schon, ob sie wieder in den Kindergarten dürfte. Bei entsprechender
Schonung des Armes durfte sie. Auf dem Rückweg vom Krankenhaus, schauten wir
eigentlich nur kurz am Kindergarten vorbei, um Bescheid zu sagen, aber sie beschloss
selbstbewusst, sofort dazubleiben. Ich kann sie verstehen, denn mit ihrem Gips befand
sie sich plötzlich im Mittelpunkt jeglicher Aufmerksamkeit und die anderen schlagen
sich darum, ihr zu helfen. Wobei sie keinerlei Hilfe braucht.
Als ich sie gestern vom Kindergarten abholte, befand sie sich auf dem Klettergerüst -
wo sonst? Ich bat sie, beim Herunterkommen auf ihren Arm aufzupassen, ihn nicht so
zu belasten. Sie sah mich mit großen, blanken Augen an und hüpfte dann kurzentschlossen
einfach herunter. Das dürfte mich 10 Jahre gekostet haben, aber mein Schrecken wurde
nur mit einem so habe ich den Arm gar nicht belastet kommentiert.
Die langen Wartezeiten vor und zwischen den Untersuchungen zeigten mir auch recht
deutlich, wie unnötig es ist, den Kindern Spielzeug zu schenken. Mit fünf Kieselsteinen,
einer Kastanie und einigen Nussschalen wussten die beiden sich tatsächlich über 2 Stunden
zu beschäftigen. Später hat Michaela alles gewissenhaft eingepackt und zuhause spielten
sie tatsächlich weiter. Die Steine und die Kastanie wurden geworfen und wieder aufgehoben,
die Nussschalen mit den Füssen zerstampft. Ich weiß auch nicht, weshalb ich bei der
Stampferei ständig an die grässlich rosa-goldene Barbiekutsche mit dem schielenden,
goldgelockten Pferd denken mußte. Seit ich diese Scheusslichkeit erstanden habe,
hat Michaela sie nie wieder erwähnt. Das wird ein Weihnachten! Sie wird Inlineskater
auspacken, die sie nicht benutzen darf, solange sie den Gips trägt und diese rosa
Plastikscheusslichkeit, von der sie nicht mehr weiß, daß sie sie sich gewünscht hat.
Ich denke, ich packe noch einige Steine, Kastanien und Nussschalen ein, dann hat sie
bestimmt Spaß.
Aber was tue ich, wenn Oliver Michaelas Geschenke haben will oder umgekehrt. Und
wenn Felix sein Geschenk überhaupt nicht mag oder oder oder...
Weihnachtspanik...