Scampis, oder "Neues aus der Junggesellenküche"
Tja, nun ist wieder Alltag. Weihnachten mit all den leckeren
Küchendüften und dem Spaß beim täglichen Weihnachtsgedrängel an
irgendwelchen Kassen ist endgültig vorbei. Die letzten Überreste
schwachsinniger Sylvesterknallerei wurden beseitigt (das Meiste vom
Regen) und meine Brotbackmaschine tut brav ihren Dienst. Wenn das Gerät
sich neben seinen unübersehbaren Küchenqualitäten auch noch mit mir
unterhalten könnte, würde ich vielleicht einen Heiratsantrag wagen, aber
so weit sind wir in unserer Hochzivilisation wohl doch noch nicht.
Bevor ich hier anfange zu erzählen muß aber eine kleine Pause eingelegt
werden. Eben sind nämlich die Scampis im warmen Wasser aufgetaut, die
ich mir gleich noch zubereiten werde. Unser Aldimarkt hatte fette
Brocken im Angebot, da habe ich natürlich zugeschlagen. Geschält waren
sie ja schon, also brauchen sie nur noch entdarmt zu werden. Ein kleiner
Schnitt mit scharfer Klinge über den Rücken und schon kann man prima den
schwarzen Faden (örks) herausziehen. Ab in die Pfanne und in Butter
anbraten. Praktisch von der Natur eingerichtet, wie sich diese
Krebsschwänze zu appetitlichen Löckchen rollen, wenn man sie eingeritzt
hat.
Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, die Küche, meine Küche. Wer jetzt
glaubt, ich würde hier in einer supermodernen Designerküche stehen, der
irrt. Mein Küche ist so stinknormal, wie man sich ein Küche nur
vorstellen kann. Ja, sogar der Herd steht noch an der Wand und nicht in
der Mitte, wie es jetzt modern geworden ist. Die Knoblauchzehe, die ich
für die Scampis kleinhacken mußte, wurde auf meinen ebenso stinknormalen
Kühlschrank in kleinste Würfel zerstückelt, die zu den Meeresfrüchten in
die Pfanne kommen. Huch, wo sind denn nur die Zwiebeln? Ach ja, noch in
der Einkaufstüte zusammen mit den frischen Champignons. Der Duft aus der
Pfanne steigt in in die Nase. Wer den Browser Netscape 9.0/smell*2001
benutzt, darf sich gern eine Nase voll nehmen.
Ist Euch eigentlich schon mal aufgefallen, daß auf irgendwelchen Partys
die gemütlichsten und geselligsten Leute immer in der Küche des
Gastgebers herumstehen? Woran mag das wohl liegen. Sicher gibt es da so
diverse hochwissenschaftliche Untersuchungen, aber ich glaube, das liegt
nur daran, daß man sich bei einem kleinen Happenpappen einfach besser
unterhalten kann.
Irgendwas hab ich doch vergessen? Das kommt davon, wenn man kochen und
gleichzeitig reden will. Die Peperoni warens, extra scharfe natürlich.
Beim Essen müssen Schweißperlen auf der Stirn stehen, dann schmeckts
auch. Schnell noch zwei bis drei Kubikzentimeter Peperoni schnippeln,
die Zwiebeln und Pilze in nicht zu kleine Scheiben zerteilen. Das kommt
alles in die Pfanne mit einem guten Schuß Schlagsahne. Übrigens,
Kameraden, Kumpels, Stammtischbrüder, die tollsten Frauen habe ich
eindeutig NICHT in Krawummdiskotheken kennengelernt, sondern in den
Küchen irgendwelcher Bekannten. Man steht zwanglos mit Gläschen in der
Hand und plaudert und zack, schon sind die Scampis fast verbrannt. Da
kommt von dem Gesabbel nebenbei. Schnell noch etwas Sahne dazu und jetzt
kommt der Clou. 6 Zentimeter Bratensauce aus der Tube (gibt's von Knorr)
in die heiße Sahne geben und tüchtig verrühren. Scheiße, fast am
überkochen. Junggesellen dieser Welt, Achtung aufpassen. Runter mit der
Pfanne vom Herd und alles in die Schale zum Überbacken umfüllen.
Geschafft! Puh ha (Schweiß abwischen). Wo war ich stehengeblieben? Ja
genau, man unterhält sich also zwanglos bei einem Gläschen in der Küche
und hat natürlich auch sofort irgendein Thema am Wickel. Eins kommt zum
anderen und ... aber das kennt ihr ja.
Nicht? Keine Panik, kann noch werden. Ich hätte da einen totsicheren Tip,
damit haut ihr die stärkste Emanze aus den Birkenstocks. Au verdammt,
die Scampis. Ich übergieße sie in der Form noch mit einem kräftigen
Schuß Sahne, einem Schnapsglas Weinbrand und streue etwas
kleingewürfelten Butterkäse darüber. Ab in den Backofen und bei
schlappen 180 Grad überbacken lassen.
Tja, und was wollte ich nun eigentlich erzählen? Habe ich natürlich bei
der ganzen Kocherei völlig vergessen. Vielleicht fällts mir nachher
wieder ein, wenn ich frisches Weißbrot (aus meiner Brotbackmaschine
natürlich) in die dampfende Sauce tauche und dazu einen leckeren Rotwein
schlürfe.
Ich würde ja noch gern ein Schwätzchen halten, aber ich muß fix unter
die Dusche, denn Junggesellen sollten bei einigen Gelegenheiten gut
riechen. Die Gelegenheit klingelt nämlich in spätestens 9 Augenblicken
an meiner Haustür und trägt garantiert keine Birkenstöcker.
Bis zum nächsten Mal
Euer
Christian
am 21.01.1997