18.09.1997
Ich gebe zu, eigentlich ist das noch eine Fortsetzung zu Olivers Geburt, aber bevor die Sache nicht
geklärt war, wollte ich sie hier nicht veröffentlichen.
2 Tage nach Olivers Geburt stand im Krankenhaus die kinderärztliche Untersuchung an. Ich hatte
Oliver in so ein Rollbettchen gelegt und ganz allein den ganzen Gang herunter zu dem Untersuchungsraum
geschoben. Das klingt vermutlich nicht halb so anstrengend, wie es war... aber 2 Tage nach einem
Kaiserschnitt ist so ein Flur ganz schön lang...
Der Kinderarzt untersuchte Oliver lange und gründlich. Ich beobachtete den Arzt mit wachsender Sorge, denn
er hörte immer und immer wieder Olivers Herz ab. Schliesslich runzelte er die Stirn und sagte mir, daß
er da etwas hören würde und sich das gerne genauer ansehen wollte.
Genau das, was man gerne aus dem Mund eines Arztes hören möchte.
Nebenbei erwähnte er noch, daß die Hüfte nicht ok sei und wir das Muttermal an Olivers Hals unbedingt
einmal von einem Hautarzt untersuchen lassen sollten. Zufällig kam Felix gerade zu Besuch, so war er
bei der anschliessenden Ultraschalluntersuchung des Herzens dabei.
Der Arzt untersuchte und untersuchte - sein starrer Blick auf den Monitor gerichtet, während er für uns
unverständlichen Kram murmelte. Zuvor hatte er ein EKG gemacht, was bei einem Baby ganz schön
gruselig aussieht - vermutlich sehen alle Eltern ihre Neugeborenen nur höchst ungerne in einem Wust
aus Kabeln. Schliesslich stürmte der Arzt aus dem Raum und kam mit einem weiteren Arzt -
zumindest hatte der Herr auch einen weißen Kittel an - zurück. Auch dieser starrte gebannt auf den
Monitor, bis er ausrief, daß dies ein geradezu klassisches Beispiel sei - sehr schön - da könne man
es doch ganz genau sehen.
Ich unterdrückte den Impuls, ihm einen Stuhl auf den Hinterkopf zu dreschen und fragte statt dessen
honigsüß, was er denn sähe. Ein atypisches Sehnenbändchen erfuhren wir. Ich griff nach dem
Stuhl, aber der Arzt war schlau genug, dann doch freiwillig fortzufahren - es sei gaaaaanz harmlos!
Irgendwo in seinem Herzen hat Oliver also ein Sehnenbändchen, was ein Geräusch hervorruft. Mehr
tut dieses Bändchen nicht - es macht also nur Krach. Trotzdem sollten wir das noch einmal eingehender
untersuchen lassen.
In den folgenden Wochen durchlief ich eine Art Ärztemarathon. Der Kinderarzt gab mir die Adresse
einer Kinderkardiologin, die bei der mehrstündigen Untersuchung bestätigte, daß das Sehnenbändchen
ausgesprochen harmlos sei. Da wir nun aber schon einmal da waren, wurde Oliver aber gründlich
untersucht und dabei wurde festgestellt, daß sein Blutdruck viel zu hoch sei und eine Herzkammer
größer als die andere. Zudem war der Blutdruck zwar insgesamt viel zu hoch, aber gleichzeitig war er an
Armen und Beinen unterschiedlich hoch.
So eine Blutdruckmessung dauert übrigens...
Die Ärztin fand ich beim ersten Besuch wirklich völlig unfähig, da sie mich aufforderte, Oliver Saft zu
geben. Sie fand mich vermutlich völlig daneben, weil ich für ihn keinerlei Vorräte mitgebracht hatte,
außer dem Zeug, das ich in meinem BH für ihn bereithalte...
Nachdem sie es mehrfach abgewehrt hatte, stimmte sie dann doch zu, daß ich Oliver einfach anlegte,
während sie ihn untersuchte. Ich gebe zu, ich war auch nicht lieb, als ich halb spöttisch meinte
"geht doch prima jetzt, oder?"
Sie rächte sich, indem sie mir hinterher ausführlich erzählte, was alles zu dem hochen Blutdruck führen
könnte. Zuerst lieferte sie einen Berg unverständlicher Fachbegriffe, dann meinte sie, es könne eine
Aortenverengung oder ein Nierenschaden oder oder oder sein. Wir sollten in der nächsten Woche
wiederkommen.
Auf der Rückfahrt hörte ich einen Radiobericht über nierenkranke Kinder, der dazu führte, daß mir
einfach nur übel war. Zuhause klingelte ich umgehend bei unseren Nachbarn, die ich sonst sehr selten
ausnütze - aber Jürgen spricht deutsch und ist Kardiologe. Er erklärte mir, daß Kinderkardiologie ein
eigenes, neues Fachgebiet sei - nicht sein Fachgebiet - aber er machte sich trotzdem die Mühe, mich
ein wenig zu beruhigen. Vermutlich hat er wenig Spaß an einer völlig hysterischen Nachbarin :-)
Er zeigte mir Abschnitte in der Fachliteratur, die besagten, daß Blutdruckmessungen bei Babies
ziemlich ungenau seien und er relativierte die Aussage der Ärztin dahingehend, daß so ein hoher
Blutdruck alles und gar nichts aussagen könnte.
Nun, Oliver ist ein rosiger Wonneproppen, sehr verfressen und sehr zufrieden. Mit seinen drei Monaten
ist er bei 70 cm Länge und 7 kg Gewicht angekommen. Die Nächte schläft er durch, tagsüber brabbelt
er zufrieden vor sich hin, beobachtet alles genau oder verlangt energisch nach einer weiteren
Milchmahlzeit
Was für ein Glück, daß er so ein Wonneproppen ist - denn welche Sorgen hätten wir uns erst gemacht,
wenn er auch nur den geringsten kränkelnden Eindruck gemacht hätte???
Die Kinderkardiologin hatte meine Argumente, wie gesund er wirke vom Tisch gewischt mit der Aussage:
den hohen Blutdruck können sie nicht wegreden!!!
Am schlimmsten traf sie mich, als sie meinte, mein Baby solle mir die Mühen weiterer Untersuchungen
wert sein. Eine wahre Menschenkennerin! Natürlich, ich scheute die Mühen - ich hatte keine Angst,
nein, mir war der ganze Kram nur lästig... Daheim schimpfte ich unentwegt auf diese Tusse und wurde
von allen Seiten bestärkt, den Arzt zu wechseln. Mit dem festen Vorsatz, nach der Untersuchung
darum zu bitten, daß sie die Unterlagen an meinen Kinderarzt sendet, damit der mich an die Uniklinik
überweisen kann, fuhr ich zum nächsten Termin. Leider hatte ein LKW beschlossen, die Brücke zu rammen.
Wir haben in Köln so eine Brücke, die 3,80 m hoch ist und von mittlerweile 11 LKW (oder sind es schon mehr?)
gerammt wurde. Nun, ich wurschtelte mich mühsam aus dem Stau heraus und verließ meine angestammten
Trampelpfade. Als ich in der Praxis ankam, war ich 20 Minuten zu spät. Prima, dachte ich - wenn sie
mich anmotzt, bitte ich einfach vor der Untersuchung darum, die Unterlagen zum Kinderarzt zu geben und dann
liefere ich einen Abgang. Im Wartezimmer kamen schon bald die Patienten für den nächsten Termin - ich
schämte mich doch irgendwo für meine Verspätung. Dann kam die Ärztin und entschuldigte sich freundlich,
daß wir so lange warten mußten, aber ein anderer Patient hatte sich 20 Minuten verspätet...
Daß sie jetzt so nett war, paßte mir ja garnicht in den Kram...
Sie untersuchte Oliver wieder - diesmal war sie nicht halb so hektisch und hinterher reagierte sie
auch dann noch sehr nett, als ich all ihre Vorschläge ablehnte. Man könnte Olivers Blutdruck unter
Narkose messen, war einer davon. Unter Narkose? Die gesamte Schwangerschaft hatte ich mich
vorsichtig ernährt, jetzt bekam er nur Muttermilch - und sie wollte ihm eine Narkose verpassen?
Auch ein Dauer EKG paßte mir nicht - ich meine, wie soll man so ein Baby davon überzeugen, sich nicht
die Drähte abzureissen?
Nun, sie stimmte zu, daß es sinnvoll sei, vor solchen Maßnahmen noch weitere Ultraschalluntersuchungen
zu machen und ich stimmte zu, daß wir danach natürlich allen sinnvollen Maßnahmen zustimmen würden...
Ich glaube, bei mir war der Groschen gefallen, daß sie nicht unfreundlich, sondern einfach nur gestresst war,
bei den Untersuchungen - und sie hatte wohl kapiert, daß ich nicht unfreundlich, sondern leicht panisch war...
Bei den weiteren Untersuchungen waren wir dann viel netter zueinander - und letzte Woche sagte sie dann
endlich, sie wolle sich jetzt definitiv festlegen - diese eine Stelle, die sie gefunden habe, sei keine
Verengung, sondern nur eine Nase und das müsse nicht operiert werden.
Nicht, daß ich das wirklich verstanden habe - aber es freut mich trotzdem. Jetzt müssen wir erst im
Dezember wieder hin - außer sein Zustand würde sich verschlechtern.
Sie mußte selber lachen, als sie das sagte, denn Olivers Zustand ist wie gesagt der eines Werbebabys.
Ich denke, was Angst ist, weiß man erst, wenn man Kinder hat
Ich hatte im vorletzten Beitrag ICQ
erwähnt.
Das ist wirklich eine schöne Sache - schön ist auch, daß man bei der Registrierung festlegen kann,
daß man nur auf den ICQ-Listen der Menschen landet, die einen vorher um Authorisierung bitten.
So ist ausgeschlossen, daß Euch jemand auf seine Liste nimmt, der Euch nur überwachen oder
nerven möchte :-)