Beeindruckendes aus der Schweiz
Eigentlich ist die Schweiz gar nicht sooooo übel.
Heute erwischte ich mich tatsächlich bei einem
nur noch eine Woche!
Entgegenkommend wurde das Wetter geändert - der knallblaue Himmel wich einem grauen Schneehimmel
und die spitzen Berge sind
verziehen, seit ich gestern einen Gletscher gesehen habe.
Cool!
... sozusagen...
Mein Vater hatte uns zu einem Ausflug aus Sils herausgelockt. An St. Moritz vorbei ging es
irgendwohin, wo man mit Pferdeschlitten herumfahren kann. St. Moritz finde ich übrigens
nicht so beeindruckend - zu groß, zu voll, zu bekannt. Lustig ist es nur, die uniformierten
Wolhlstandsdamen dort zu sehen. Frauen von Männern, die
es geschafft haben, tragen
honigblonde Pagenköpfe, viel totes Tier und in dieser Saison doch noch die neckischen
Lederrucksäcke. Eckige Handtäschlein an Goldkettchen scheinen out zu sein. Die Rucksäcke
werden natürlich nicht auf dem Rücken, sondern über einer Schulter getragen.
Hoffentlich schafft
es Felix nicht - ich kann mir mich nicht in mager und mit honigblondem
Pagenkopf vorstellen.
Ausflügen mit meinem Vater sehe ich meist eher skeptisch entgegen. Jugendlicher Flair bedeutet
nämlich Mut zum Risiko. So hat er einen reichhaltigen Erzählschatz.
Wie ich in eine
Gletscherspalte stürtzte, gehört dazu, wie die Tatsache, daß er irgendeiner
düsseldorfer Aufführung des kleinen Prinzen ohne Probleme ein Flugzeugwrack zur Verfügung
stellen konnte...
Kutsche fahren klang harmlos - aber daraus wurde nichts - Lawinengefahr. Mein Vater konnte keinen
Kutscher überreden *danke, danke, danke* und so fuhren wir etwas weiter zu einer riesigen
Seilbahnanlage. Ich hasse Seilbahnen. Das schlimmste sind die riesigen Stüzpfeiler, an denen
die Gondeln dann so
lustig zu Schaukeln beginnen. Aber es war klar, wir würden dort
hochfahren. Meine einzige Hoffnung war, daß mein Vater nichts von meiner Angst mitbekäme.
Es ist ja allgemein so, daß die Ängste anderer urkomisch sind und derjenige, dem
die Fantasie fehlt, Angst zu haben, den anderen mit Vernunftsargumenten
heilen möchte.
Bei Gondeln bieten sich Hinweise auf die dicken Seile an, daß seit Jahrzehnten nichts passiert
ist etc. Um dem Angsthasen Mut zu machen, hopst man dann noch wie ein Irrer durch die Kabine oder
sagt unvermutet mit künstlicher Panik
oh, oh, oh, um ihm dann Sekunden später unter
schallendem Gelächter auf die Schulter zu klopfen.
Ein Sportflugzeug erschien am Himmel und beklommen fragte ich Felix, in welchem Tal das mit dem
US-Bomber gewesen sei, der die Gondel zum Absturz gebracht hätte.
das war nicht in der Schweiz,
meinte mein Vater und sah mich sehr neugierig an. Nahezu gleichzeitig entdeckten wir den Schaukasten
in dem ein Stück eines der Seile ausgestellt war, welches die Gondeln hält. Ich entging
weiterem Unheil aber mit einem unglaublich verlogen munterem
Kommt, wenn Ihr so weiter trödelt,
verpassen wir die Gondel. In der Gondel wurden wir dann geringschätzig gemustert, denn wir
waren die einzigen ohne Ski. Oben angekommen, pfiff uns ein eiskalter Wind Schneeflocken um die
Nase.
Ich will wieder runter, kreischte Michaela empört, während mein Vater mutig
voran - und leider vom verlockenden Wegweiser "Café Restaurant" weg - schritt. Die Mitreisenden
aus der Gondel rückten ihre Sonnenbrillen gerade, fletschten die Zähne und stürzten
sich todesmutig den Hang herab. Mein Vater trieb uns zusammen, machte Fotos von uns auf dem Gipfel -
die dürften witzig sein - viel Grau, viel Schnee, wenig Aussicht und mittendrin ein verfrorenes
Trüppchen missmutiger Familie.
Mit einer Frau, die gerade ihre Ski anschnallte kam ich ins Gespräch. Sie fand das Wetter toll,
weil dann die Piste nicht so überfüllt war. Für sie war das heute schon die dritte
Abfahrt. Dreimal mit der Gondel hoch - ich bewunderte sie grenzenlos.
Die ist doch mindestens schon
sssss - echzig hatte ich sagen wollen, aber ein trotziger Blick meines Vaters ließ mich zu
iebzig umschwenken.
Mir steckte das Wissen in den Knochen, daß ich irgendwann wieder in die Gondel steigen und herunterfahren
müßte. Ein kurzer Hoffnungsschimmer - es gibt geführte Gletscher-Wanderungen -
verpuffte, da dies natürlich nur für den Sommer gilt. Leider wurden auch keine Kurz-Alpin-Ski-Kurse
angeboten. Nicht in eine Gondel steigen zu müssen, wäre ein echter Grund, Abfahrtslauf zu
lernen. Michaela ist davon überzeugt, so etwas schon locker zu können -
ich fahre den
Berg einfach runter und mache unten eine Pizza!. Übersetzt bedeutet das, daß sie ihre
Skispitzen zusammenbringt und auf eine Bremswirkung hofft. An ihrem Lernhügelchen hat sie
eine Stelle am Zaun entdeckt, wo sie untendurch flutschen kann. Das Aufstehen ist dann viel einfacher,
als wenn sie im Zaun hängenbleibt, meint sie. Steht also wieder auf, watschelt wieder ins
Übungsgelände und den Hügel wieder hoch. Von Entmutigung keine Spur - und mittlerweile
hat sie es geschafft - kleine Kurve, Pizza, stehen. Klasse.
Zum Mittagessen gönnte ich mir einen Salat und 3 Glas Rotwein.
Irgendwann standen wir dann ganz allein wieder in der Gondel.
Weshalb fährt denn sonst keiner
mit herunter?, wollte Michaela wissen.
Die haben Angst und fahren deshalb auf Skiern den
Berg herunter, meinte ich. Ansonsten lächelte ich hold und hoffte, daß der Gondelfahrer
nicht auf die Idee käme, witziges Gondelschaukeln zu provozieren. Bei einem Flug nach Mexiko wollte ich
die Piloten verklagen oder wenigstens körperlich züchtigen, nachdem sich ein unvermuteter und steiler
Sinkflug als witzige Einlage entpuppte, um den Passagieren die Pyramiden zu zeigen. (ich besuche meine Schwester
nur sehr sehr
sehr! selten dort...) Meine notdürftig mit einigem Sekt aufrecht erhaltene
Souveränität, hatte ich bei diesem Flug jedenfalls mit meinem schockierten
Wah! verspielt.
Nun, ich hatte Glück - in der Schweiz gibt es keine Pyramiden und die Gondel kam sicher wieder
unten an.
Danach machten wir dann noch einen Spaziergang zu der
Gletscherzunge, wobei ich insgeheim
bedauerte, daß wir den nicht 100 Jahre zuvor gemacht hatten, denn da wäre der Weg ca 2 km
kürzer gewesen. Den Gletscher fand ich wirklich beeindruckend. Ich verstand nur nicht recht, weshalb
das Eis trotz der Kälte so feucht und irgendwie weich unter meinen Füßen war.
Das ist der Druck von dem ungeheuren Gewicht, meinte mein Vater. Einen langen, sehr bösen
Blick später, fügte er
das Gewicht von dem Gletscher! hinzu. Pah...
Irgendwann standen wir dann vor einem großen Eisdings. Darunter waren große Steine und
der beste aller Göttergatten meinte beindruckt, daß diese Steine nun nach Jahrmillionen
wieder zum Vorschein kämen. Staunend schauten wir nun (nachdem die notwendigen "Familie vor
Gletscher" Fotos gemacht waren) alle genauer hin und entdeckten ein Hundekacki, welches nun, nach
Jahrmillionen wieder ans Tageslich kam...