Wenige Tage zuvor hatte eine andere Zeitschrift sich gemeldet, die im November ein Computer-Special
bringt. Die junge Frau war energischer und zielstrebiger, als ihr Kollege vom Konkurrenzblatt und so
machte ich die Bekanntschaft mit Sebastian, einem netten Fotojournalisten.
Der Unterschied zwischen einem Fotografen und einem Fotojournalisten ist, laienhaft ausgedrückt der,
daß Fotojournalisten die Realität abbilden, während Fotografen gestellte Fotos machen
und Dinge künstlerisch und schön darstellen.
Muß ich betonen, daß mir ein Fotograf lieber gewesen wäre?
Am liebsten hätte ich Besuch von jenem Fotografen, der Steffi für die Nudelreklame abgelichtet
hat. Wer weiß, was der aus mir machen könnte?
Nun, Sebastian versteckte sich mit seiner Knipse dann aber auch nicht unter dem Esstisch und versuchte
sensationelle Fotos von Hausfrauen in freier Wildbahn zu machen, sondern trat mit mir in zähe
Verhandlungen, die ich gewann. Mittlerweile habe ich dann doch etwas Routine mit meinen Medienauftritten
und so eine putzige entweder so wie ich will, oder gar nicht-Einstellung dazu gewonnen.
Anfangs war ich noch durch Presseausweise und Interviewanfragen zu beeindrucken, aber mittlerweile habe
ich mein Näschen oft genug in einer Zeitschrift gesehen. Halt, infame Lüge. Ich kann den
Anblick meines hausfraulichen Riechorgans sicher noch das eine oder andere Mal ertragen, aber imponieren
kann ich damit niemanden mehr. Sätze wie "XXX bringt einen Artikel über die Hausfrauenseite"
heben sich aus unseren Tischgesprächen etwas so hervor wie "kann ich mal das Salz haben?"
Nachdem ich also Sebastians Ansinnen bezüglich Fotos einer kaffeekochenden Hausfrau abgeschmettert
hatte, lichtete er die Realität ab, wie ich gerade zufällig auf dem Schreibtisch saß
und dabei meinen Bildschirm auf dem Schoß halte.
Somit kamen wir zum zweiten Unterschied zwischen Fotografen und Fotojournalisten:
Um sich Fotograf nennen zu können, bedarf es einer Ausbildung, während der Begriff
Fotojournalist ungeschützt ist.
Sollte mir das mit der "Nur-Hausfrau" also irgendwann nicht mehr reichen, schöpfe ich mittlerweile
aus einem reichhaltigen Wortschatz: Online-Redakteurin, Familienmanagerin und Fotojournalistin.
Klasse
Hausfrauenseite sei Dank saß ich also auf meinem Schreibtisch und foppte einen netten
Fotojournalisten damit, daß er gerade gegen seine Berufsbeschreibung verstiess. Er rächte sich,
indem er mich zum Lachen brachte und dann unbarmherzig abdrückte. Vermutlich wird wieder nichts
von meinem magischen Marlene Dietrich Flair auf den Fotos zu sehen sein...
Wirklich irritiert hat mich in letzter Zeit eigentlich nur das Angebot eines Verlages,
mein Neues von der Hausfrau zu veröffentlichen. Die Mail habe ich eine ganze Weile angestarrt,
fast hätte ich noch den Monitor gegen Licht gehalten und noch intensiver gestarrt.
Was bitte schön meinen die denn mit Veröffentlichen?
Was könnte denn öffentlicher sein, als das Internet???
Aber der Vorschlag scheiterte daran, daß sie meinten, ich solle den ganzen Kram dafür überarbeiten.
Ich hätte nicht die geringste Ahnung, wie ich das tun sollte aber noch viel weniger, weshalb.
Uralte Geschichtchen irgendwie umschreiben?
Ich kann mir nicht vorstellen, daß das irgendwer kaufen würde.
Ne, ne - Ihr findet mich weiterhin genau