Hinter uns liegt eine Phase, die alle Eltern kennen und hassen. Eine Phase,
in der man über seine Kinder nur mit anderen, verständnisvollen Eltern redet, denn
das benötigte Vokabular würde Nichteltern zu arg verblüffen.
Nichteltern kennen Kinder nur aus der Werbung, auf Anne Geddes Fotos oder amerikanischen
Spielfilmen. Und eventuell ganz kurzen Begegnungen an Zebrastreifen oder wenn sie sich
an der Supermarktkasse an ihnen vorbeischlängeln.
Nichteltern denken, Kinder seien süß - oder sie denken, sie seien eine Plage, weshalb
sie ja keine haben. Aber diese Nichteltern meine ich nicht. Ich rede hier von Nichteltern,
die irgendwann noch zu Eltern werden wollen, oder es jedenfalls nicht absolut ausschliessen.
Anne Geddes Fotos von meinen Kindern hätten mir im Dezember, zumindest nachts auch
besser gefallen, als die lautstarken Originale. Ich bin im Umtexten eines der
Lieder von Herbert Grönemeyer schon recht weit gekommen: Kinder auf den Mond!
Keine Sorge - die Phase ist um - die beiden sind wieder die kleinen Sonnenscheinchen,
die man auch morgens um 6 Uhr ganz gut erträgt. Zumindest wenn man weiß, daß der
beste aller Göttergatten die Frühschicht hat und man selbst noch bis 9 Uhr
oder gar länger schlafen darf.
Michaela ist auch vollkommen unschuldig an ihrem Armbruch und diesem Magen-Darm-Virus,
den wir hatten. Hm, Oliver ist an dem Virus auch nicht schuld, aber er hat ihn weidlich
ausgekostet und unbarmherzig Babyterrain zurückerobert. In der akuten Kotzphase
habe ich es auch eingesehen, ein bleiches Bündel durch die Gegend zu schleppen, daß
sich nur noch aus der Flasche ernährte. Aber nach Weihnachten begann ich schon zu
grübeln, wozu er Füsse hat und weshalb er nachts 5 frisch zubereitete Flaschen
mit Hypoallergenmampf braucht.
Der Göttergatte und ich waren uns einig, daß wir ihn wieder in ein Kleinkind zurückverwandeln
mußten - denn 5 Flaschen, da versagt selbst die beste, der besten Windeln. Babys
produzieren halt kein blaues Wässerchen und besonders Olivers Po war deutlich klatschnass
und übleres...
Eine Nacht nahm Felix dem zwischen uns quengelnden Jungen - stimmt, wozu hat er
ein eigenes Bett? die Flasche ab und ging ins Bad. Oliver saß aufrecht im Bett und wartete.
Als er hörte, daß der Wasserhahn anging, brüllte er das Haus zusammen.
Nicht, daß er schon richtige Worte artikulieren kann, aber der Sinn war doch klar:
kein Leitungswasser!
Da wir Oliver kennen, versuchten wir nicht, ihn schreien zu lassen, bis er sich beruhigt,
sondern sind auf den Trick umgestiegen, ihn abends pappsatt zu füttern und dann
vorsichtig in sein Bett zu verfrachten. Grosser, sagenhafter Erfolg:
wir sind auf 3 Flaschen runter...
Unnötig zu sagen, daß ich weiß, daß er in seinem Alter keinen Flaschenmampf mehr trinken
sollte. Das ist nicht gut für seine Zähne... aber besser für unseren Schlaf.
Tagsüber sind wir pädagogisch gesehen wertvoller und haben ihm trotz Brüllerei den
Sinn seiner Füsse wieder nahegebracht. Ich würde mit ihm gerne bei "Wetten daß"
auftreten - wenn es das noch gibt. Wetten, daß mein Sohn sich die Schuhe, Jacke und
Mütze schneller ausziehen kann, als ich den Kinderwagen aus der Garage hole?
Auf den letzten Spaziergängen muß Oliver den Eindruck gewonnen haben, ich sei zwar
lieb, aber leider total dämlich. Spaziergänge sehen so aus, daß Oliver mit seinem
Holzpinguin vor mir herrennt. Komme ich genau neben ihn, wird er schneller, gerate
ich vor ihn, bleibt er unverzüglich stehen. Beschliesse ich, daß wir umkehren,
muß ich den Pinguin nehmen, damit er versuchen kann, sich an meiner Jacke auf meinen
Arm hochzuziehen. Rückwege mag Oliver nämlich nicht laufen. Ich nehme ihn hoch,
schmuse, herze und knutsche ihn, gehe aber keinen Schritt. Dann setze ich ihn wieder ab,
schaffe ca 0,8 Schritte, bevor er sich vor mich stellt, die Ärmchen reckt und
äh,äh,äh sagt. Ich flöte, gurre und zwitschere, aber verstehe partout nicht, daß
er getragen werden will und damit basta! Irgendwann beginnt er nach mir zu hauen,
aber dies habe ich mittlerweile als Resignationsphase erkannt. Ist bei Eltern ja
eigentlich auch nichts anderes... Jedenfalls läuft er danach ein kleines - immer
grösser werdendes - Stück, bevor der Eiertanz erneut beginnt.
Ich wünschte, mein Kreuz würde sich auch wieder erholen, ich wünschte ich hätte einen
Masseur geheiratet... denn daheim sah es nicht anders aus und ich wiederhole nur den
Spruch, daß es immer wieder verblüffend ist, was Frauen mit einem Arm schaffen...
Pünktlich mit dem Jahreswechsel verschwand aber Michaelas Gips und mit 2 Armen ist
sie wieder sehr selbständig - was mich deutlich entlastet.
Einen Tag vor Silvester hat sie mich lauthals ausgelacht. Wir hatten kleine Preise
für ihre Geburtstagsparty gekauft. Sie wurde 5, durfte 5 Kinder einladen und ich kaufte
von allem 5 Stück. Na, wo ist der Denkfehler?
Mama, du mußt 6 kaufen!
Nächstes Jahr erst - dieses Jahr wirst du 5.
Bekomme ich denn keine Preise?
*heul*
04.01.98
kinder auf den mond liest sich klasse. bitte schreibe ein buch carola!!!
lieber gruss aus michigan
heike
ps prost neujahr!!