11.11.98
Sie tun es wieder!
In Horden fallen sie über mich her, behaupten wieder, daß hier ein reicher Mann wohnt
und wünschen mir anschliessend, daß ich selig sterbe. Das wünsche ich mir auch!
Wegen der singenden Horde muß ich schliesslich wachbleiben und das, wo nach meiner
Zeitrechnung 12 Uhr mittags ist und ich die Nacht durchgemacht habe. Obwohl, stimmt das
mit dem 12 Uhr mittags? Denn angepasst hatte ich mich den dortigen Uhrzeiten auch
noch nicht. Mein Körper ist unschlüssig und müde, während mein Magen beharrlich nach
Chicken verlangt, nachdem er auf dem Flug nach San Francisco mit zweimal Mittagessen
überrascht wurde.
Beef or Chicken flötete die Stewardess erstmals knapp über London, was mich
spontan zu Chicken greifen ließ.
San Francisco... Ne, keine Bange - nach nur 3 Tagen dort, werde ich nicht versuchen,
etwas Gescheites von mir zu geben. Es war ein Traum!
Ihr wißt schon, wenn man morgens aufwacht und sagt Schatz, du ahnst nicht, was ich
für einen Blödsinn geträumt habe:
Also, da war eine Stadt, die wie eine Achterbahn aufgebaut ist und in der niedliche
Wagen an Strippen die Berge hochgezogen werden. Irgendwo lagen lauter Seelöwen rum,
ausserdem tauchte meine allerbeste Freundin auf und du ahnst es nicht - plötzlich
kam eine schwarzgewandete Frau dazu - also wir waren an so einem großen See und dann hat
ihr Freund ihr einen Ring übergestreift und schwupps waren sie verheiratet.
Und wir hatten nachts bei Saveways - stell das mal vor - ein Supermarkt, in dem man
nachts freundlich bedient wird *kicher* - wir hatten dort eine weiße Cremetorte
mit blauer Schrift verzieren lassen - mitten in der Nacht! und die haben wir dann auf
der Parkbank neben den teuren Champagner gestellt, den wir dann aus Plastiksektkelchen
schlürften.
Und eine goldene Brücke gab es auch noch!
Und Amy ist aufgetaucht, hat mich stundenlang durch diese ulkige Stadt geschleppt und
läßt dich grüssen. Und wir waren in einigen Geschäften, wo die Verkäufer sich nicht
in den Kabinen versteckten, oder sich die Nägel feilten, sondern auf einen zuwieselten
und fragten, wie es einem geht!
Und weißt du, was die Verkäuferin im Supermarkt getan hat? Eingepackt - sie hat alles,
was wir gekauft haben in Tüten verpackt - die zerbrechlichen Sachen vorsichtig zu oberst!
Und...
So in der Art - ein Wochenendtrip nach San Francisco schlägt zwar einen tiefen Graben in
unser Konto, aber das war es wert! Ausserdem gehe ich einfach mal davon aus, daß
die weltbeste Freundin nur einmal heiratet und da mußte ich doch einfach hin, oder?
Die Fliegerei habe ich erstaunlich gut weggesteckt. Ich habe mich souverän an den Sitz
geklammert, mir mit dem Gurt eine Taille gezurrt und jeweils 6 Stunden lang auf den
Flügel gestarrt. Die sehen übel aus, wenn sie so durch die Wolken wackeln!
Der Pilot meinte fröhlich, we expire some air turbulence und ich entschied mich
dagegen, Peter the Trashman zu fragen, ob das Gewackel des Flügels normal sei.
Wäre es nicht normal, hätte er es mir eh nicht verraten und wäre es normal, hielte er
mich eventuell für ein hysterisches Hausfrauchen, das selten fliegt...
Trashman nannte er sich übrigens, nachdem ein Passagier mehrfach versuchte, einen weiteren,
alkoholischen Drink von ihm zu bekommen, obwohl er eindeutig mit einem Müllbeutel herumlief.
Naja, der hatte wohl Flugangst - kann ja nicht jeder so souverän sein wie ich!
Die Luftlöcher weckten in mir heftige Diätbedürfnisse. Ist ja nicht normal, wenn die
eigene Oberweite noch Minuten nach dem letzten Luftloch heftig bebt, oder?
Um meine Souveränität zu beweisen, wühlte ich sogar mein Strickzeug aus dem Handgepäck.
Nachdem ich mir dann aber mit der Dreiernadel fast ein weiteres Nasenloch gepiekst hätte -
übles Luftloch... - entschied ich mich, mit einem Buch deutlich gelassener zu wirken.
Ja, ok, es ist mir dann aus den Händen gefallen, aber das wäre vermutlich jedem
passiert - zumindest hat der hysterische Passagier mit dem Alkoholproblem seinen Becher
fallenlassen und wir anderen, souveräneren Passagiere haben ihn milde belächelt.
In New Ark hatte ich das Glück überhaupt, das ich aber bei Flügen immer habe.
Ich stieg aus, marschierte durch die Passkontrolle, griff mir mein Gepäck vom Band,
checkte es wieder ein und begab mich via Monorail zu dem Gate, wo es nach San Francisco
weiterging. Dort stieg ich ein und sofort schlossen sich die Türen und ich lernte weitere
Luftlöcher kennen.
Wie hatte der beste aller Ehemänner noch auf der Fahrt nach Düsseldorf gesagt:
ganz schön winidg heute...
Einen gezielten Killerblick später war er ruhig - bis auf das kleine "Oh, oh...", mit dem
er ein durch die Wolken hüpfendes Flugzeug kommentierte.
Im Taxi vom Flughafen zum Hotel bewunderte ich dann die Golden Gate Brücke, bis der
Taxifahrer den Touristenführer spielte und sie "Bay Bridge" nannte. Besserwisser...
Im Hotel beglückte ich einen Angestellten damit, die 4 Nächte in 10 US $ Scheinen zu
begleichen. Wunderfeine, niegelnagelneue Scheine. Bankkaufleute mit Kassierererfahrung
wissen, was ich dem armen Kerl antat - es gibt kaum etwas Übleres, als diese stumpfen
Dinger zu zählen, die am liebsten zu einem großen Klumpen verschmelzen würden.
Wobei ich zugebe, daß andere Bankkaufleute sich rechtzeitig eine neue Kreditkarte
zulegen und nicht mit einem dicken Bündel Dollar herumreisen. (Dick nur deshalb, weil
es nur die 10er Stückelung gab...)
Während er tapfer zählte, und ich mich auf mein Bettchen freute, traf mich der Blitz.
Nein, nicht der Wunsch des Hotelangestellten ging in Erfüllung, sondern die weltbeste -
derzeit frisch verheiratete, flitternde Freundin und ihr Zukünftiger hatten meine
Ankunft bereits erwartet, machten herzige Aufnahmen ihrer übermüdeten, werdenden Trauzeugin
und schleppten mich umgehend zum Pier 39, wo ich einen
Autoaufkleber mit dem Text "Oh my God, I turned into my mother" kaufte und dann mit
großen Kulleraugen die Seelöwen bestaunte.
Das reicht...
Glaubt mir, das war einfach traumhaft!
Nürnberg wird es übermorgen nicht ganz leicht haben, dies zu übertreffen :-)