05.11.1997
Es gibt Menschen, die brauchen Dinge, um ihrem Leben den richtigen Kick zu geben - Nervenkitzel, wie eine Achterbahnfahrt,
Heli-skiing, Bungeejumping etc...
Nun, es gibt eine kostengünstigere Variante:
Blinddriving!
Man begebe sich dazu in eine Stadt, in der man vorher noch nicht Auto gefahren ist, und wähle sich einen Beifahrer, der zwar
ortskundig ist, selbst aber kein Autofahrer. Meine Tante könnte damit viel Geld verdienen. Und wem eine Fahrt mit ihr
nicht reicht, dem kann sie gerne auch noch ein Gummiband und ihren Balkon zur Verfügung stellen...
Mir war bei Fahrtbeginn leider nicht bewusst gewesen, auf welches Abenteuer ich mich einlasse, sonst hätte ich die Kinder
vielleicht nicht mitgenommen.
Hier links!
Du, das ist keine Straße - ich glaube nicht, daß ich hier fahren darf - schon das runde weiße Schild mit dem roten Rand...
Rechts! Pause, ich setze den Blinker, biege ab ist das Mögeldorfer Kirchlein. Sag mal, weshalb bist du hier abgebogen???
Links geht es nach Berlin!
Das habe ich ignoriert, schliesslich wollten wir in den Zoo - äh, in Nürnberg heißt das ja Tiergarten.
Weshalb bist du denn jetzt nicht abgebogen, ich habe doch extra links gesagt?!
Weshalb hätte ich sonst links sagen sollen, wenn nicht, damit du abbiegst?
So, und dann hier geradeaus. Natürlich kannst du da fahren - der Bus fährt da immer lang - nur Busse? Achso - ne, dann weiß ich jetzt aber auch nicht weiter.
Keine Sorge, irgendwann erreichten wir den Tiergarten und ich kaufte mir einen Gorillabecher mit leckerem Kaffee. Den Becher habe
ich mir dann als Andenken gekauft. Und der Anblick der Seekühe hat mich vollauf versöhnt.
Glaubt nicht, daß es an meiner Tante lag, daß diese Fahrt etwas chaotisch war. Am nächsten Tag dirigierte mich ein ortskundiger
Radfahrer zu seinem Heim. Kurz nachdem wir eine Polizeistation passierten, die an einer vielbefahrenen Straße mit Baustellen lag,
sagte er: so, hier wohne ich - jetzt mußt du parken
Ich sah erst weit und breit keine Parkmöglichkeit, dann daß sehr viele Autos mitten auf dem Bürgersteig standen, von der Straße
durch einen Radweg und Bäume getrennt, aber ich wußte a) nicht, ob das erlaubt war und fragte mich b) verzweifelt, wie ich da drauf
käme.
Also tat ich etwas taktisch sehr unkluges. Ich bog schnell rechts ein, um mir mehr Bedenkzeit zu verschaffen und mußte, als ich das
System der "Bürgersteigparker" begriff rückwärts wieder auf diese stark befahrene Schnellstraße zurücksetzen.
Radfahrer haben es am Zielort etwas einfacher, ihr Gefährt mal eben irgendwo abzustellen - aber zumindest brauche ich mein
Auto nirgends festzuketten. Vermutlich bräuchte ich es nicht einmal abzuschliessen.
Es könnte sogar sein, daß ich ruhig den Schlüssel im Zündschloß stecken lassen könnte, und niemand würde mein Auto klauen.
Das Einsetzen der beiden Kindersitze hat wohl zu einer mehr als hundertprozentigen Wertsteigerung des Wagens geführt...