Sie sind nicht adoptiert, leben aber trotzdem in einer Familie:
Pflegekinder.
Die meisten kommen aus zerrütteten Familien oder aus dem Heim. Pflegekinder haben häufig eine traurige
Vorgeschichte und schlechte Erfahrungen hinter sich. Pflegekinder sind nicht immer leicht zu integrieren,
aber sie sind froh eine neue Familie gefunden zu haben. Es gibt nicht viele Familien, die ein Pflegekind
aufnehmen. Dafür leben in manchen Familien mehrere leibliche und Pflegekinder zusammen. Das kann auch
sehr lustig sein.
Was ist der Unterschied zwischen einem Pflegekind und einem Adoptivkind ?
Im Gegensatz zum Adoptivkind bleibt ein Pflegekind Mitglied seiner Herkunftsfamilie. Mit der Adoption wird
ein Kind rechtlich den leiblichen Kindern gleichgestellt. Das heißt die neuen Eltern sind für alles
verantwortlich. Bei dem Pflegekind bleibt das Sorgerecht bei den Herkunftseltern oder bei einem Vormund.
Die Pflegeeltern dürfen allerdings Alltagsentscheidungen treffen. Doch wenn das Kind beispielsweise
eingeschult werden soll, ist das Einverständnis der leiblichen Eltern bzw. des Vormund nötig. Das Okay zur
Klassenfahrt aber dürfen die Pflegeeltern geben. Sie sind z.B. auch befugt Klassenarbeiten abzuzeichnen.
Wie weiß ich, ob meine Familie als Pflegefamilie geeignet ist?
Die geeignete Pflegefamilie muss mit der Problematik der Pflegekinder fertig werden. Natürlich macht sich
eine schwierige Vorgeschichte bemerkbar. Ihre Erfahrungen z.B. mit schwerer Vernachlässigung oder
Missbrauch übertragen die Kinder auch in die neue Familie. Damit muss die Pflegefamilie rechnen und fertig
werden. Die Familie sollte die Geschichte des Kindes kennen und das Kind akzeptieren können. Wichtig ist
eine große Offenheit, vor allem gegenüber anderen, fremden Vorstellungen, die das neue Kind einbringen
wird. Ganz besonders wichtig ist, dass die Familie viel Geduld hat. Die Familienstruktur ist ein eher
untergeordneter Aspekt. Manchen Kindern bekommen neue Geschwister gut, für andere ist es vielleicht
besser, wenn sie von den Eltern alle Aufmerksamkeit bekommen. Grundsätzlich geht es darum, den Kindern ein
gutes soziales Umfeld zu bieten. Jemand ist da, der sich um sie kümmert und sie auffängt, wenn es Probleme
gibt.
Welches Kind passt zur Familie?
Man sollte sich vorstellen können, was das Kind aufgrund seiner Vorgeschichte erlebt hat und spüren, dass
man sich darauf einstellen kann. Natürlich sollte man sich vom Gefühl leiten lassen. Der Funke muss
überspringen. Denn grundlegend ist, dass man sich mag und gegenseitig respektiert.
Wie lange brauchen Pflegekinder, um sich einzuleben?
Je länger und schwieriger die Situation vor der Unterbringung in der Pflegefamilie war, desto länger
dauert auch das Einleben. Erfahrungsgemäß akzeptieren die Kinder ihre Pflegeeltern irgendwann als
Bezugsperson. Meist läuft der Eingewöhnungsprozess in drei Phasen ab:
1. Überanpassung
2. Konflikt: Übertragung alter Erfahrung an neue Familie
3. Akzeptanz
Werden Pflegefamilien unterstützt?
Leider gibt es wenig Betreuung. Das führt dazu, dass einige Familien Pflegekinder wieder abgeben müssen,
weil sie es nicht schaffen. Den gesetzlichen Auftrag zur Hilfe hat das Jugendamt. Außerdem gibt es
Pflegeelternvertretungen und Selbsthilfegruppen. Am besten ist, wenn man sich von vornherein um Hilfe
kümmert. Denn ein Kind in Pflege zu nehmen ist nicht einfach. Vorbereitungsseminare für werdende
Pflegeeltern können hilfreich sein.
Die finanzielle Unterstützung durch den Staat reicht für das Notwendigste, meist legen die Pflegefamilien
aber drauf. Bis das Kind sieben Jahre alt ist, erhält die Pflegefamilie z.B., monatlich rund 1000 Mark.
Davon sind 370 Mark Erziehungsgeld, der Rest ist für den Unterhalt des Kindes.
Haben die Herkunftseltern ein Besuchsrecht?
Das Kind hat ein Recht seine leibliche Eltern zu sehen. Pflege- und Herkunftseltern sollten möglichst
zusammenarbeiten. Oft gibt es aber Schwierigkeiten: Viele Pflegeeltern stellen fest, dass den Kindern
der Kontakt mit den Eltern nicht gut bekommt. Darüber herrschen nicht selten kontroverse Ansichten -
sowohl zwischen den Pflegeeltern und den Herkunftseltern als auch zwischen den Pflegeeltern und dem
Jugendamt. Im Zweifelsfall entscheidet ein Gericht.
Was bedeutet Kurz-, Bereitschafts- und Langzeitpflege ?
Bei der Kurzzeitpflege ist völlig klar, dass das Kind in die Herkunftsfamilie zurückkehrt. Wenn eine
alleinerziehende Mutter z. B. für längere Zeit ins Krankenhaus muss.
Bei der Bereitschaftspflege ist die Situation nicht abschließend geklärt: Es muss noch entschieden
werden, was mit dem Kind geschieht. Die Langzeitpflege ist auf Jahre angelegt. Ein Kind soll auf Dauer
in eine Familie und dort möglichst auch nicht mehr weg.
Wer sich für ein Pflegekind interessiert, kann sich an das Jugendamt der Stadt wenden oder an freie Träger
wie z.B. die Diakonie in Düsseldorf oder sich im Internet unter
www.moses-online.org informieren.
Kontaktadressen:
Arbeitskreis zur Förderung von Pflegekindern e. V.
Geisbergstraße 30
10777 Berlin
Tel. 030/210021-0
Deutsche Liga für das Kind
Chausseestraße 17
10115 Berlin
|