Hallo!
Mein Name ist Birgit und ich bin 36 Jahre alt. Ich bin schon sehr oft auf
dieser Seite gewesen und habe die Berichte von anderen Betroffenen gelesen.
Es hat mir sehr geholfen, und ich habe bemerkt, daß es vielen von Euch noch
schlimmer geht, wie mir.
Dazu muß ich sagen, daß ich bereits 3 ziemlich "große" Kinder habe, von 16/f,
15/f und 12/m, allerdings aus meiner ersten Ehe, die im März diesen Jahres
geschieden wurde. Ich lebe seit 2 Jahren mit einem neuen Partner zusammen,
mit dem ich seit kurzem verheiratet bin. Und nun ist unser größter Wunsch,
praktisch als Tüpfelchen auf dem "i", ein gemeinsames Kind.
Da ich, seitdem ich mit meinen neuen Mann zusammenlebe, keine
Verhütungsmittel genommen habe, war es schon verwunderlich, das ich nicht
schwanger wurde. Es stellte sich dann heraus, daß ich gar keinen Eisprung
hatte. So wurde ich mit Ovolutionstabletten behandelt. Es wuchsen auch
tatsächlich gleich 3 Eizellen heran, aber zu einer Befruchtung kam es nicht.
Das war Anfang 2000. In der Zeit um Himmelfahrt habe ich durch einen Test
dann festgestellt, daß ich schwanger war. Ich wollte nicht gleich zur
Frauenärztin, weil es ja noch recht früh war. Aber dann setzten bei mir
Schmierblutungen ein. Ich muß dazu sagen, ich habe mich in dieser Zeit auch
nicht gerade geschont, denn ich hatte bei meinen vorherigen Schwangerschaften
nie Probleme. Aber daß ich mit 36 Jahren bereits zur Risikoschwangerschaft
zähle, daran habe ich nicht gedacht. Als ich nun doch endlich zur Ärztin
wollte, hatte ich das Pech, daß diese in der Zeit von Hommelfahrt bis
einschließlich Pfingsten in Urlaub war. Und da ich doch besorgt war, habe ich
eine Vertretung aufgesucht. Der Frauenarzt machte bei mir Ultraschall,
stellte die Schwangerschaft fest, sagte, er könne sich nicht erklären woher
die Blutungen kämen, daß Kind wäre gut angelegt. Aber falls es dann doch so
sein sollte, daß ich das Kind verlieren sollte, dann hätte es eben einen
höheren Sinn, den wir sowieso nicht verstehen würden.
Naja, ich hatte die ganze Zeit über das Gefühl, irgendetwas würde nicht
stimmen und am 14. Juni, genau der Tag an dem meine Frauenärztin aus ihrem
Urlaub zurück kam und ich sie aufsuchen wollte, hatte ich morgens um 5 Uhr
eine Fehlgeburt. Ich mußte husten, lag auf dem Bauch und bemerkte, wie etwas
herausflutschte. Ich hoch, auf Toilette, da ging es weiter. Dann bin ich
wieder zu Bett, wußte genau, das ich das Kind verloren hatte, weckt meinen
Mann und erzählte es ihm. Er wollte mich zuerst damit trösten, daß er meinte,
es wäre bestimmt noch gar nicht sicher, daß ich es verloren hätte, ich sollte
erst mal abwarten.
Ich konnte nicht mehr liegen, stand auf und setze mich mit dicken
Frotteehandtüchern zwischen den Beinen auf die Couch und wußte einfach nicht,
was ich machen sollte. Ich wollte es irgendwie auch nicht wahr haben. Ich
habe geheult ohne Ende, schubweise verlor ich immer mehr Blut. Mein Mann
kochte uns Kaffee, ich rief morgens kurz vor 6 Uhr unsere Hausärztin an,
erzählte ihr, was mir passiert war und mußte mir von ihr dann sagen lassen,
daß es notwendig wäre, sofort ins Krankenhaus zu fahren. Eigentlich hätte ich
es selber wissen müssen, aber ich war wie gelähmt.
Mein Mann fuhr sofort mit mir los, meine 3 Kinder blieben alleine, sie sind
zwar nicht mehr klein, aber sie haben alles mitbekommen, später dafür
gesorgt, daß alles, was durch das Blut beschmutzt war, sauber gemacht war.
Oh man, ich muß jetzt noch weinen. Schade, daß im Moment niemand da ist, der
mich in den Arm nehmen kann.
Im Krankenhaus angekommen, wurde ich erst mal auf ein Zimmer gelegt, zum
Glück war mein Mann immer bei mir.
Ich wurde untersucht, konnte aber nicht in den OP zur Ausschabung, weil ich
zu Hause Kaffee getrunken hatte, also nicht mehr nüchtern war. Da ich aber
bereits zu Hause ziemlich viel Blut verloren hatte, und auch im KH, wurde ich
dann doch gegen 11.00 Uhr operiert. Abends konnte ich dann nach Hause. Ich
fühlte mich beschissen. Am nächsten Tag bekam ich zu allem Überfluß auch noch
hohes Fieber. Es war Mittwoch, die Ärzte dicht, der Notarzt mußte ran und
häte mich am liebsten direkt wieder ins Krankenhaus geschickt. Aber ich
wollte nicht, ich wollte lieber erst am nächsten Morgen zu meiner
Frauenärztin, weil ich Angst hatte, die könnten mir im Krankenhaus irgendwie
etwas wegschnippeln, blöd nicht wahr?
Am nächsten Morgen bin ich also zu meiner Ärztin, die sehr bestürzt war über
die Fehlgeburt, mir aber auch zu verstehen gab, daß die positive Seite dieser
Fehlgeburt die wäre, daß wir nun genau wüßten, daß mit meinem Eisprung wieder
alles in Ordnung wäre. Nun gut, in dem Moment ein schwacher Trost.
Es stellte sich heraus, daß ich eine Gebärmutterschleimhautentzündung hatte,
es befand sich noch zuviel Blut in der Gebärmutter, im Krankenhaus wurde ich
wohl nicht ordentlich ausgeschabt. Da ich mich weigerte, ins KH zu gehen, gab
mir meine Frauenärztin eine "Galgenfrist" bis nach dem Wochenende. Wir
wollten es mit Tabletten versuchen, daß die Gebärmutter ausblutet und sich
zusammenzieht. Ich durfte nur liegen und mußte mich schonen, aber zum Glück
hat es funktioniert und ich brauchte nicht mehr los.
Ich bekam von nun an Folio zu schlucken, jeden Tag eine. Der Rat der
Frauenärztin war, man sollte doch mindestens 3 Monate warten, bis eine neue
Schwangerschaft eintreten sollte - so steht es in den Lehrbüchern, aber
sollte es vorher passieren, dann wäre es auch nicht so schlimm.
Ich dachte direkt vielleicht nicht gleich an eine neue Schwangerschaft. Ich
hatte genug damit zu tun, dieses alles erst einmal zu verkraften. Und wenn
ich sage, ich bin darüber weg, dann habe ich gelogen. Das erste war, daß wir
den Kinderwagen, den wir uns kurz vor der Fehlgeburt gekauft hatten, erst
einmal zu meinen Schwiegereltern gebracht haben. Ich habe ihn bis heute noch
nicht wieder angesehen. Ich mußte mir sagen lassen, daß es ja auch Unglück
bringt, wenn man vor der Geburt einen Kinderwagen ins Haus holt (Eltern und
Schwiegereltern). Nun ja. Ich mußte mir auch sagen lassen, daß es falsch war,
bei uns im Swimmingpool zu baden, obwohl das Wasser nicht kalt war (mein
Vater). Dann war aus vielen Mündern zu hören, daß es sicher vom Rauchen käme.
Vielleicht? Ich rauche inszwischen nicht mehr.
Die wenigsten fragten, wie es mir geht, nicht körperlich, sondern innen
drinne. Wenn ich ganz doll traurig war, dann sagte mein Mann zu mir, daß er
auch ganz traurig wäre, aber daß er mich immer lieben würde, was auch
passiert, und wir würden weiter üben. Und wenn es dann sein soll, dann würden
wir schon zusammen noch ein Kind bekommen.
Ich selber sagte mir oft, wer weiß wofür es gut war, womöglich wäre das Kind
behindert, ich kenne einige behinderte Kinder in der Bekanntschaft. Außerdem
wäre es geboren worden, obwohl die Frist nach meiner Scheidung noch nicht rum
gewesen wäre. Es wäre also noch als Kind meines Ex-Mannes (lt. Papier) auf
die Welt gekommen.
Das Thema Fehlgeburt wurde ansonsten von niemanden auch nur einmal wieder
angesprochen.
Als es mir so Anfang August einigermaßen wieder gut ging, waren wir auf
direkter Nachbarschaft zum Feiern eingeladen bei einem jungen Paar Mitte 20.
Wir haben uns immer gut verstanden, waren auch letztes Jahr zusammen mit
meinen Kindern im Urlaub. Plötzlich teilten sie uns mit, daß sie schwanger
wäre. Ich dachte, ich bekomme einen Schlag mit dem Holzhammer. Mein Mann
merkte sofort, was los war und ging mit mir nach Hause. Ich habe so geheult.
Und auch heute fällte es mir noch sehr schwer mit der jungen Frau zusammen
zu treffen, obwohl ich selber auch wieder schwanger bin.
Ich bin in der 8. SW, meine erste Fehlgeburt war in der 9. SW.
Es fängt wieder so an wie bein ersten Mal. Blutungen - teilweise
dunkelbräunlich, teilweise rötlich.
Die Frauenärztin hat die Befürchtung, daß sich bei mir das Gelbkörperhormon
nicht genug bildet, und hat mir Kapseln verschrieben, die ich in die Scheide
einführen soll. Außerdem muß ich Brausetabletten trinken, weil ich
Rückenschmerzen habe und Magnesiummangel der Grund sein soll. Ich soll viel
liegen, nicht schwer heben, was klar ist, mich total ausruhen. Das mache ich
jetzt schon seit 1 1/2 Wochen, die Schmierblutungen werden aber trotzdem
mehr. Es ist kein ständiges Bluten, nur wenn ich auf Toilette gehe, beim
Abwischen. Gestern war ich bei der Ärztin. Herzschläge sind zu sehen. Es ist
auch gewachsen, im Moment ca. 7mm groß. Sie kann mir keine Versprechungen
machen, daß weiß ich selber auch, wir können nur hoffen. Mein Mann ist ganz
optimistisch, er sagt "er habe es im Urin" daß es diesmal klappt. Ich möchte
es ihm gerne glauben. Ich spreche ganz oft für mich mit dem "Baby", sage ihm,
wie sehr ich mich darauf freue. Ich glaube auch an Gott, ich glaube nicht an
den Zufall, sondern an das Schicksal. Und es hat mit Sicherheit einen Grund
gehabt, weshalb ich das erste Baby von meinem 2. Mann verloren habe. Ich habe
die Aufgabe, mit meinem Gewissen zu leben.
Meine älteste Tochter ist 1984 ganz normal geboren, alles verlief prächtig. 1
1/4 Jahr später 1985 kam meine zweite Tochter mit einem "offenen Bauch" auf
die Welt. Magen, Dünn- und Dickdarm lagen außen vor, sie kam direkt nach der
Geburt in die Kinderklinik und wurde operiert. Niemand konnte sagen, woher es
kam. Heute ist es soweit sogut, sie ist gesund. Es würde auch zu weit führen,
wenn ich das alles erzählen würde. Aber ein 1/2 Jahr später war ich wieder
schwanger. Der Kommentar meines damaligen Mannes war nur, "Du mußt selber
sehen, ob du das Kind haben willst oder nicht. Ich bin die meiste Zeit doch
nicht da (er ist Seemann, fährt auf einem Forschungsschiff). So stand ich vor
der Wahl, abtreiben oder nicht. Da ich durch diese Geburt noch so seelisch
mitgenommen war, habe ich mich dann entschieden, das Kind nicht zu bekommen.
Ich wurde Ende 87 wiederum schwanger, wollte dieses Kind auch, aber nur unter
der Bedingung, daß bei mir eine Fruchtwasseruntersuchung durchgeführt wurde,
denn ich wollte die Schwangerschaft über die Gewissheit haben, daß mein Kind
gesund ist. Mein damaliger Frauenarzt leitete alles in die Wege, ich war ja
erst 24 Jahre alt und Erbkrankheiten gab es in den Familien auch nicht. Aber
auf Grund von den Geburtskomplikationen bei meiner 2. Tochter übernahm die
Krankenkasse alle Kosten und die Fruchtwasseruntersuchung fiel zum Glück gut
aus, alles gesund. So konnte ich mich in Ruhe auf mein Kind freuen.
Meine Ehe ging so langsam den Bach herunter, ich brach aus ihr aus und begann
ein Verhältnis mit dem besten Freund meines Mannes, der jetzt auch mein
zweiter Ehemann ist. Ich will nicht großartig ausholen, das führt zu weit.
Ich wurde auf jeden Fall schwanger von ihm - 1997 - , war aber nicht mutig
genug ihm das zu sagen, hatte aber auch nicht die Kraft mich von meinem
damaligen Mann zu trennen, - wollte ihm aber auch nicht das Kind eines
anderen unterschieben. Also trieb ich zum zweiten Mal ab.
Wenn ich das doch nur geahnt hätte, daß ich Ende 1998 doch mit ihm zusammen
kommen würde, unser gemeinsames Kind, gesetz dem Fall es hätte alles
geklappt, wäre jetzt schon 3 Jahre alt. Ich habe es meinem jetzigen Mann
erzählt, daß ich das Kind von ihm nicht bekommen habe. Ich habe es ihm
erzählt, bevor ich mit meinen Kindern zu ihm gezogen bin. Ich wollte nicht,
daß es zwischen uns steht, und hätte es auch verstanden, wenn er mich nicht
mehr gewollt hätte. Aber ich habe einen so liebevollen Menschen in ihm
gefunden.
Wie gesagt, mein Gewissen spielt mir Streiche. Oft denke ich, das es die
gerechte Strafe für mich ist, daß ich 2 Kinder nicht wollte und nun dafür die
Fehlgeburt(en) (hoffentlich bleibt es bei der einen) erdulden muß. Aber ich
gebe die Hoffnung nicht auf, daß sich alles zu Guten wendet. Wenn ich das
Glück haben sollte, daß ich das Kind behalten darf, so werde ich trotzdem
wieder eine Fruchtwasseruntersuchung machen lassen. Auch wenn das Risiko
einer Fehlgeburt dadurch noch einmal verstärkt wird. Aber ich brauche die
Gewißheit für mich.
Ich werde mich ganz bestimmt hier auf dieser Seite wieder melden, egal wie
meine Schwangerschaft verlaufen sollte.
Es tat mir persönlich jedenfalls mal richtig gut, mir alles von der Seele zu
schreiben.
Birgit am 29.11.2000
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